Dr. Björn Peters

Bekenntnis zu zukunftsfähigen Energieformen

Die Energiefrage – #61

Eines der wichtigsten Tabus der deutschen Energiepolitik ist der Verzicht auf nukleare Energien, wie er 2011 vom Parlament beschlossen wurde. Mittlerweile sehen mehr und mehr Bürger ein, dass es keine gesunde Entwicklung der Menschheit ohne nukleare Energien geben kann. Doch nur wenige Bürger wie Politiker wagen es, sich offen zu nuklearen Energien zu bekennen. Dies ändert sich derzeit.

Eine der wesentlichen Annahmen der deutschen Energiewendepolitik ist, dass der Verzicht auf Energieverbrauch wünschenswert und machbar sei. Dies halte ich für einen der schwerwiegendsten Fehler der deutschen Politik. Die Entwicklung der Menschheit wurde wesentlich dadurch angetrieben, dass immer neue Energiequellen erschlossen wurden. Jeder Durchschnittsbürger in Deutschland verbraucht mit ca. 43.700 kWh/a an Primärenergie etwa den Gegenwert von 80 menschlichen Sklaven, und damit mehr Energie als es den Herzögen des Mittelalters möglich war. Die Spanne des Durchschnittsverbrauchs reicht von 2.100 kWh/a in Bangladesch bis ca. 109.000 kWh/a in Kanada und Norwegen.

Es ist kein Zufall, dass in den Ländern mit dem höchsten Energieverbrauch der allgemeine Wohlstand, die Lebenserwartung und das Bildungsniveau am höchsten ist. Preisgünstige Energie ermöglicht den Menschen, sich von den Unbilden der Natur zu entkoppeln. Den größten Einfluss auf die Lebensqualität einer Familie hat wohl die Anschaffung einer Waschmaschine. Heute, im Zeitalter der Digitalisierung, wächst Rechenleistung zum größten Verbraucher an elektrischer Energie, und bald wohl auch insgesamt an Primärenergie. In Deutschland verbrauchen wir seit etwa 50 Jahren das Äquivalent von etwas über 300 Millionen Tonnen an Rohöl jährlich. Immerhin haben wir es dank immer besserer Energieeffizienz geschafft, je Einheit von Wirtschaftsaktivität den Energieverbrauch massiv abzusenken, der Pro-Kopf-Verbrauch an Primärenergie ist aber nahezu konstant geblieben. Eine wesentliche Absenkung des Energieverbrauchs zeichnet sich in Deutschland nicht ab.

Eine Beschränkung des Energieverbrauchs und damit der menschlichen Entwicklung wäre zutiefst inhuman. Wenn die Bereitstellung preisgünstiger Energie die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes stark begünstigt, dann wäre es vernünftig zu fordern, dass auch den armen Ländern Afrikas und Asiens günstige Energieformen zur Verfügung gestellt werden. Dass es hierfür prinzipiell nur drei Energiequellen gibt, haben wir bereits an anderer Stelle gezeigt:

Dass die Fakten den Einsatz von nuklearen Energietechniken ethisch geboten erscheinen lassen, hat zuletzt Simon Friederich hier eindrucksvoll formuliert. Zusätzlich haben viele Menschen, denen die Anreicherung der Atmosphäre mit Kohlendioxid Sorge bereitet, erkannt, dass nur nukleare Energietechnologien das Potential haben, die enorme Dominanz chemischer Energieträger zu brechen. Diese stellen heute wie vor 25 Jahren etwa 81 Prozent der Primärenergie weltweit zur Verfügung. Diese Sorge wurde in ein sehr lesenswertes Ökomodernes Manifest formuliert, dem ich größtmögliche Verbreitung wünsche. Es vereint das Streben nach einer intakten Umwelt mit einem zutiefst humanistischen Ansatz, der allen Menschen der Erde eine Partizipation an den technologischen Errungenschaften der Neuzeit ermöglichen soll. In meinen Augen sind diese Ansätze am besten dazu geeignet, lebenswerte Umstände in den Ländern Afrikas und Asiens zu schaffen und Fluchtursachen zu bekämpfen – ein weiteres Modewort heutiger Politiker.

Dennoch wurde mir in zahlreichen Gesprächen mit Vertretern bürgerlicher Parteien und der Energiewirtschaft immer wieder bedeutet, dass es geradezu medialem Selbstmord gleichkäme, sich zur Kernenergie zu bekennen. Wir haben es also eher mit einem medialen als mit einem Erkenntnisproblem zu tun. Die Antwort kann nur sein, dass die Zivilgesellschaft vorangehen muss und die Denkblockaden der veröffentlichten Meinung aufbrechen muss. Dies erfordert Mut.

Sehr hilfreich ist hierbei, dass vor wenigen Wochen die „Nuclear Pride Coalition“ gegründet wurde, bei der ich persönlich zugegen war. Die Nuclear Pride Coalition vereint viele zivilgesellschaftliche Organisationen Europas und der USA, um die Kernenergie Europas zu erhalten und die Öffentlichkeit von der nuklearen Option zu überzeugen. Insbesondere soll die Kernenergie in den Kanon der „clean energies“ im Rahmen von EU-Diskussionen aufgenommen werden, denn sie ist gewiss „sauber“ und insofern „erneuerbar“, als ihre Brennstoffe noch für Jahrmillionen Jahre reichen.

Der Name wurde bewusst gewählt, denn „Pride“ bedeutet bei Homosexuellen, dass sie zu ihrer Orientierung stehen. Auch für Nuklear-Freunde ist heutzutage eine Art „Coming-Out“ erforderlich.

Das selbstbewusste Bekenntnis zur kernenergetischen Option, verbunden mit dem Aufruf zum Erhalt eines der besten Kernkraftwerke der Welt (Isar 2), können wir bald öffentlich machen. Hierzu lädt die Coalition ein, am Sonntag, den 21. Oktober 2018 von 10 bis 16 Uhr auf den Marienplatz in München zu kommen. Gemeinsam wollen wir das Nuclear Pride Fest feiern. Wir hoffen auf zahlreiche Beteiligung.

29. September 2018

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