Dr. Björn Peters

Energiepolitik nach der Bundestagswahl
eine Momentaufnahme

Die Energiefrage - #11

Wir haben an dieser Stelle schon häufiger gefordert, dass die politischen Parteien vor der Bundestagswahl klar sagen, welche Energiepolitik sie verfolgen werden.  Die Herausforderungen sind schließlich beträchtlich.  Nach fast zwanzig grünen Jahren in der Energiepolitik wurden zwar viele Wind- und Solarkraftwerke gebaut, Wirtschaft und Verbraucher ächzen aber unter hohen Energiekosten, und die Kohlendioxid-Emissionen gingen um kein Gramm zurück, weil der Gesamtausstoß an sogenannten "Treibhausgasen" in der EU abschließend durch die Verträge zum Emissionshandel geregelt ist.  In welchen Konstellationen lassen sich neue Wege in der Energiepolitik beschreiten? 

Aus Sicht der Wirtschaft gilt es, die Kostenexplosion gerade bei elektrischer Energie einzudämmen und, wo immer dies geht, Kosten wieder zu senken.  Dazu sollten wir das EEG ("Erneuerbare-Energien-Gesetz") nach der Bundestagswahl ersatzlos streichen, damit die EEG-Umlage von derzeit über 25 Mrd. EUR jährlich wenigstens nicht mehr ansteigen muss.  Auch könnten die privaten und industriellen Verbraucher von Stromsteuer und Netzentgelten teilweise oder ganz entlastet werden.  Mit diesen drei Maßnahmen alleine könnten die Stromkosten für industrielle Verbraucher auf ein EU-weit durchschnittliches Maß zurückgeführt werden.  In der Folge würde es dann vielleicht gelingen, ein weiteres Abwandern energieintensiver Branchen wie die Papierherstellung und Metallerzeugung zu stoppen (vgl. "Die Energiefrage" Nr. 6).  Ziel muss auch sein, der konventionellen Energiewirtschaft über die kommenden 20 Jahre das Überleben zu sichern.  Sie werden auch in 50 Jahren noch gebraucht werden. Es wäre niemandem gedient, wenn Stadtwerke, Energieriesen und Übertragungsnetzbetreiber mit staatlicher Hilfe gerettet werden müssten, weil der Vorrang für subventionierten aber relativ wertlosen Strom ihr Geschäftsmodell zerstört (vgl. "Die Energiefrage Nr. 4).  Welche energiepolitischen Strategien verfolgen nun die einzelnen politischen Parteien?

Am klarsten hat sich bisher die FDP positioniert, daher wollen wir mit ihr die Analyse beginnen. Bundespolitische Beschlusslage ist die Abschaffung des EEG zum nächstmöglichen Zeitpunkt.  Über eine Absenkung der Stromsteuer (über zwei Eurocents pro Kilowattstunde) auf das europäische Mindestniveau dürften sich Verbraucher ebenso freuen wie über ein Umdenken bei der Verteilung von Netzkosten, die durch erhöhte Solar- und Windeinspeisung entstehen.  Hier wird geprüft, ob sich diese verursachergerecht auf die entsprechenden oder alle Kraftwerksbetreiber umlegen lassen.  Insgesamt wird die Partei mit einem technologieneutralen Ansatz werben.

In der CDU wird es noch spannend.  Im Koalitionsvertrag von 2013 wurde gemeinsam mit der SPD noch stark auf sog. "erneuerbare" Energie gesetzt, also ihren Ausbau und die Forschung an ihr, sowie Verbrauchssenkungen durch höhere Energieeffizienz. Gleichzeitig wurde eine Stabilisierung der Energiekosten angestrebt, was sich allerdings als nicht umsetzbar erwies.  Dennoch hat sich die Beschlusslage der CDU an den in der Energiepolitik grün anmutenden Koalitionsvertrag angepasst.  Es gibt aber Gegenbewegungen.  Im Dezember lancierte der energiepolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, einen Testballon im "Spiegel", das EEG möglicherweise nach der Wahl abzuschaffen.  Da ein Aufschrei ausblieb, die Leser gar mehrheitlich zustimmten, darf man gespannt sein, ob mit der CDU eine Abschaffung des EEG zu machen ist.  Wir bleiben optimistisch, gerade weil das EEG in weiten Teilen der Bevölkerung mittlerweile einen so schlechten Ruf hat, dass die Abkehr davon Wählerstimmen bringen könnte die wichtigste Währung im politischen Geschäft.

Auch in der SPD wackelt die Phalanx der EEG-Verteidiger.  Während sich die Partei bislang stark für einen weiteren (kostenträchtigen) Ausbau von Solar- und Windenergie stark machte, heißt es bei der mächtigen SPD in Nordrhein-Westfalen, die Energiewende müsse "bezahlbar, modern und nachhaltig" bleiben.  Während die "erneuerbaren" Energien sich in NRW von heute etwa 10% bis 2025 verdreifachen sollen, setzt die Landes-SPD auf Kraft-Wärme-Kopplung und gesteigerte Energieeffizienz.  Die Pragmatiker in den Gewerkschaften haben allerdings bereits angemahnt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Grundstoff- und Stahlindustrie erhalten bleiben sollte.  Ob die Ausbaukorridore oder die Preisstabilität am Ende die Oberhand gewinnen bleibt abzuwarten.  Legendär sind jedenfalls Aussagen wie die des damaligen Wirtschaftsministers Gabriel bei einer Veranstaltung eines Kasseler Solarunternehmens, dass man uns im Ausland wegen der Energiewende "für Bekloppte" hielte.  Ginge es dagegen nach dem linken Flügel um Barbara Hendricks, dürften uns ein Verbot des Verbrennungsmotors bis 2030, umfangreiche Zwangsvorschriften zur Wärmesanierung und ein forcierter Ausbau von Solar- und Windenergie ins Haus stehen, unabhängig vom tatsächlichen ökologischen Nutzwert der Maßnahmen.  Martin Schulz hat sich zur Energiepolitik übrigens noch nicht geäußert.  Welche Strömung sich in der SPD durchsetzt, ist also noch völlig offen.

Interessant auch die keimende Diskussion bei den "Grünen".  Jürgen Trittin hat sich im Januar während einer Podiumsdiskussion für ein rasches Ende des EEG ausgesprochen.  Es sei ja nur zur Anschubfinanzierung von Solar- und Windenergie geschaffen worden, ein großer Erfolg und habe sich nun überlebt.  Ein anderer Spitzenpolitiker der "Grünen", der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel, zeigte kürzlich Interesse an einer Kernkraftwerkstechnik, die inhärent havariesicher ist und keinen Atommüll produziert, wurde aber von Parteikollegen schnell zur Ordnung gerufen.  Verständlich, denn eine Kernkraft-Debatte würden die "Grünen" wohl nicht überleben.  In den oberen Etagen der Partei scheint aber angekommen zu sein, dass die Förderung von Solar- und Windenergie außer exorbitanten Kosten kaum positive Effekte erbracht hat.  Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die "Grünen" noch in diesem Jahr einen Schwenk weg vom EEG schaffen, zu sehr ist die Partei mit den Erfindern und Profiteuren des Gesetzes verflochten.

Je nach Mehrheitsverhältnissen im neuen Bundestag ergeben sich ab September damit folgende Konstellationen:

Der Wähler hat also zunächst das Wort.  Umso wichtiger ist, dass die Parteien in ihren derzeit in Arbeit befindlichen Wahlprogrammen dem Wähler gegenüber Klarheit darüber herstellen, welche Energiepolitik künftig verfolgt werden soll, und vorrechnen, wie sich die Kostenbelastung gerade der Wirtschaft dadurch entwickeln wird.  Wir bleiben davon überzeugt, dass sich mit einer Abkehr von der gescheiterten Energiewende Wählerstimmen in weiten Teilen des Bürgertums gewinnen ließe.

6. März 2017

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